10. Dezember 2009. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es kann uns doch nicht ernsthaft überraschen, dass die Welt aktuell in Schulden versinkt.
Wir haben seit Jahren alle mehr Geld ausgegeben als wir eingenommen haben. Der eine mehr der andere etwas weniger. Spätestens als die Immobilienblase auf dem amerikanischen Häusermarkt platzte, wurde dies auch dem Letzten klar. Die plötzliche Erkenntnis über unseren Verschuldungsstand erschütterte die Welt derart, dass sogar unser gesamtes Finanzsystem zu kollabieren drohte. Und noch ist es zu früh für eine Entwarnung, denn nicht nur im Land der unbegrenzten Schuldenmacherei wurde Geld ausgegeben ohne es zu besitzen. Überall in der Welt wird täglich mehr Geld ausgegeben als eingenommen.
Das chronische Verschulden ist nicht nur ein notwendiges Übel unseres Finanzsystems. Es ist die Basis unseres Zinseszins Systems. Jeder einzelne Euro der die EZB verlässt ist aktuell mit einem Prozent Schulden belastet, noch bevor er in die Welt geht. Das ist aber nicht das Ende sondern der Beginn der Verschuldungsorgie, denn jede weitere Station unsere kleinen Euro in die große, weite Welt verschuldet den kleinen Kerl mehr und mehr. Und so ist es ein wesentlicher Faktor unseres Finanz- und Wirtschaftssystems, das wir Schulden machen. Das fängt bei Privatpersonen und ihren maßlosen Ratenkäufen an, führt dann über übermäßige Unternehmenskredite für Spekulationsgeschäfte nahtlos weiter und endet bei der mittlerweile notorischen hohen Staatsverschuldung der meisten Industrieländer.
Die Lage spitzt sich immer mehr zu. Doch solange wir in der Lage sind unsere Abträge aus den laufenden Einnahmen zu zahlen, kontrollieren wir zumindest unseren Verschuldungsgrad und halten dadurch unser System in einer fragilen Balance. Doch in den letzten Jahren ist die Entwicklung zunehmend besorgniserregend. Immer mehr Menschen, Unternehmen und Länder sind überschuldet. Sie sind nicht mehr in der Lage ihre Raten zu zahlen und geraten dadurch in eine akute Schuldenspirale aus der es oft kein entkommen gibt. Wenn Herr Meier von nebenan nicht mehr weiter weiß, dann kommt im besten Fall Peter Zwegat von RTL um zu helfen. Bei kleinen verschuldeten Unternehmen bleibt oft nur noch der schwere Gang in die Insolvenz. Das ist bedauerlich, aber auch konsequent, wenn nicht zuvor ausreichend mit den gegebenen Mitteln gewirtschaftet wurde.
Doch eine neue Qualität von Risikobereitschaft macht sich breit unter den Verschuldungsspezialisten. „Systemrelevanz“ heißt das Zauberwort, oder auch in englisch „Too big to fail“. Es ist der deutliche Trend erkennbar, das große Unternehmen, Banken und mittlerweile auch Länder sich bei ihren hausgemachten Geldproblemen auf andere verlassen. Im schlimmsten Fall wird für sie schon jemand die Rechnungen zahlen. Innerhalb der Finanzkrise kennen wir diese Mentalität von Finanzinstituten zur Genüge. Doch nun erklimmen wir eine weitere Stufe der Verschuldungspyramide. Vor wenigen Wochen hörten wir von Zahlungsschwierigkeiten des Golfemirats Dubai, wo einem Märchen aus 1001 Nacht das Ende droht. Gigantomanie, Ungeduld und Großmannssucht gepaart mit einer wahnwitzigen Überschuldung steuert das einstige Ölaustiegsmodell Dubai in den Graben. Und nun Griechenland.
Griechenlands Bonität wurde vor wenigen Tagen von Fitch heruntergestuft. Eins vorne weg – Griechenland ist noch in der Lage seine Abträge und Verbindlichkeiten zu bedienen. Doch gleichzeitig muss festgehalten werden, das Griechenland sich sehenden Auges auf den Abgrund zubewegt. In diesem Jahr wird die Neuverschuldung völlig überraschend auf 12,7 Prozent ansteigen. Erlaubt sind ihnen, laut EU Kriterien von Maastricht, nur 3 Prozent. Damit steigt die Staatsverschuldung auf 121 Prozent. Zum Vergleich sind laut EU Konvergenzkriterien nur 60 Prozent Staatsverschuldung zum BIP erlaubt. Das bedeutet, das Griechenland 21 Prozent höher verschuldet ist, als sie innerhalb eines Jahres als Volkswirtschaft erarbeiten. Sie haben seit Jahren über ihren Verhältnissen gelebt und sind nun, ohne Hilfe, bald am Ende. Doch daran sind die Griechen selbst Schuld und die Wirtschaftskrise hat damit nur wenig zu tun. Die Griechen schummelten einst beim EU-Beitritt mit ihren Zahlen und verspielten damals viel Kredit auf den Finanzmärkten. Von dort ist keine Hilfe zu erwarten. Soll oder muss Europa nun helfen?
Die vertraglichen, kulturellen und politischen Bindungen zur Wiege Europas lassen Unterstützung vermuten, auch wenn der Vertrag von Lissabon direkte Hilfen verbietet. Doch über Fonds könnte – unter der Hand – sicherlich Hilfe bereitstehen. Doch wo bleibt der erzieherische Aspekt. Ein Kind, dass zu spät zum Essen kommt und deshalb ohne Essen aufs Zimmer muss, darf nicht ohne weiteres wieder zu Tisch gebeten werden. Sonst werden die Geschwister demotiviert, auf dem richtigen Pfad zu bleiben. Sie würden sonst nicht mehr pünktlich erscheinen sondern viel mehr künftig genauso spät kommen. Das heißt, dass unser „Kind“ Griechenland mächtig sparen muss, um das Staatsschiff wieder auf Kurs zu bringen. Griechenland darf erst wieder zu Tisch, wenn es Einsicht gezeigt und drastische Maßnahmen ergreift um sich selbst zu heilen. Dann kann und wird die EU – auch ohne Solidarhaftung – Griechenland beistehen. Dem Bruder Spanien sollte dies eine Lehre sein, um frühzeitig das Ruder herum zu reißen. Dubai, Griechenland und Irland sind nur die ersten Länder deren Bonität sich dramatisch verschlechtert hat. Andere Länder sollten schnellstens daraus lernen und müssen drastisch der Verschuldungsspirale entgegensteuern. Wird das nicht umgesetzt, werden weitere Krisen folgen. Das sollte uns dann wirklich nicht überraschen.