Deutschland jagt die Schattenbanken

Die Regulierung des Finanzsektors lässt immer mehr Finanzinstitute in Pseudobanken investieren, die in Steueroasen ohne Kontrollmechanismen nach eigenem Gusto schalten und walten können. Die überfällige Regulierung dieses Schattensektors bleibt aber weiter aus. 

 

Die Bundesregierung hatte 2008 eine Expertenkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Chefvolkswirts der EZB Ottmar Issing gegründet, welche Vorschläge zur Schattenbankregulierung erarbeiten sollte. Die Ergebnisse der Kommission wurden kürzlich präsentiert und deshalb werden die Gefahren die von „Schattenbanken“ auf das weltweite Finanzsystem ausgehen auch jetzt wieder öffentlich diskutiert.  

 

Doch um was geht es genau? Nach den Verwerfungen der Finanzkrise, die durch den weltweiten Verkauf von wertlosen US Immobilien Verbriefungen ihren Höhepunkt fand, waren die Regierungen der G-20 Staaten zunächst bemüht die Finanzwelt neu zu ordnen. Die Regulierung der internationalen Finanzmärkte hatte dabei höchste Priorität. Das „Monster“ das man geschaffen hatte, sollte gezähmt werden. Doch nur die Bankenregulierung stand im Fokus der Neuordnung. Über ein Finanzmarkt-Reformpaket (Basel III) wird seither in Basel verhandelt, um die in der Finanzkrise offenbarten Schwächen des Systems zu beseitigen. Viele Details des Reformpakets sind bereits durchgesickert. Dazu gehören erhöhte Eigenkapitalanforderungen, verbesserte Risikodeckung, eine Verschuldungsgrenze für Banken und Maßnahmen gegen systemische Risiken. Allerdings greifen die Maßnahmen erst nach einer mehrjährigen Übergangszeit. Doch reicht das alles aus, um eine weitere Finanzkrise zu verhindern? Wenn es sich im Finanzsektor nur um die Banken handeln würde, könnte man -sobald die Reformen auch greifen- etwas beruhigter schlafen. Doch die international agierenden Banken haben ein „Schlupfloch“ gegen derartige Zwänge gefunden. In diesen „Flüsterkneipen“ wird unkontrolliert und ungeprüft mit Billionen US Dollar „auf Teufel komm raus“ gezockt. Es sind die gleichen Verdächtigen mit denen wir bereits in der letzten Finanzkrise unliebsame Bekanntschaft gemacht haben. Es handelt sich um Hedge Fonds, Private Equity Firmen und Zweckgesellschaften die in Steueroasen wie den Cayman Island Schutz vor internationalen Regulierungsbehörden genießen.  Internationale Investment Banken kaufen sich oder gründen Gesellschaften mit denen sie ihre Geschäfte nach eigener Facon betreiben können. Um einen Eindruck des Volumens zu erhalten, sollte man folgende Zahlen kennen.  Alleine in den USA sind die Verbindlichkeiten der „Schattenbanken“ auf 15,3 Bill. USD angewachsen. Das entspricht der Gesamtverschuldung der USA. Die Schulden des öffentlichen Bankensektors betragen dagegen „nur“ 12,9 Bill. USD. Je mehr der offizielle Bankensektor reguliert wird, desto mehr Geld fließt in die „Schattenbanken“. Dort sind die Gewinnmargins, im Gegensatz zum offiziellen Banksektor, ungleich höher. Die große Gefahr liegt darin, dass wieder einmal im Falle einer Krise die Besitzer der „Schattenbanken“ durch riskante Geschäfte große Verluste erleiden, die dann vom Steuerzahler wieder ausgebügelt werden müsste. Da schließt sich dann wieder der Kreislauf.

 

Um das zu verhindern wurde in der Finanzkrise die Issing Kommission gegründet. Die Vorschläge zur Bekämpfung die „Finanzmonster“ sind nun bekannt. Aufsicht, Kontrolle sollen zumindest in Deutschland den Kapitalverkehr zwischen regulären Banken und den Steueroasen ausdünnen. Sonderabgaben der Banken sollen den Anreiz mindern, Risiken auszulagern. Da hört sich vernünftig an, doch es reicht eben nicht aus. Ohne die internationale Staatengemeinschaft haben die deutschen Vorschläge zur Eindämmung der „Schattenwelt“ wenig Erfolgsaussichten. Zu groß ist besonders der Einfluss der angloamerikanischen Finanzindustrie. Deshalb hoffen einige auf den Financial Stability Board (FSB) ein internationales Gremium, das das Finanzsystem überwacht und auch Empfehlungen für die G20 ausarbeitet. Darin, so hofft man, werden auch die Vorschläge der Issing-Kommission einfließen. Doch ohne England und die USA besteht keine Chance auf Einigung. Und an weiteren Regulierungen besteht dort aktuell wenig Interesse. Es beherrscht die Angst vor einer weiteren Schwächung des so wichtigen Finanzsektors die Diskussionen. Großbritannien geht es wirtschaftlich so schlecht, das man durch weitere Regulierungen eine erhöhte Arbeitslosigkeit befürchtet. Und in Amerika will man die  zarte Blüten des Aufschwungs nicht durch „Überregulierung“ der Banken zerstören. Schlechte Aussichten der „Hydra“ alle Köpfe gleichzeitig abzuschlagen.

 

Es wird höchste Zeit, das wir auch Hedge Fonds, Zweckgesellschaften und auch den gesamten Derivate-Markt (600 Bill. USD Volumen) an die Leine nehmen. Schlupflöcher müssten endlich gestopft werden, bevor es zu spät ist.  Der ehemalige Chef der EZB Jean Claude Trichet sieht das auch so. Wenn die Politiker nicht bald den Willen zeigt Mittel zur Regulierung der „Flüsterkneipen“ zur Verfügung zu stellen, dann wird die Rechnung einiger Finanzhaie wieder aufgehen. Grund zum Optimismus besteht bei weitem nicht.

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