Tempolimit oder Blitz-Crash

Der Hochfrequenzhandel ist an den Börsen auf dem Vormarsch. In Picosekunden werden Informationen zu Kauf- oder Verkaufsaufträgen umgewandelt. Droht ein High-Speed-Crash?

Der technische Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Auch vor den Börsen macht er nicht halt. Wo früher noch Händler mit hochgekrempelten Ärmeln und Hosenträgern lauthals die Orders auf dem Parkett platzierten, herrscht heute Stille. Computer bestimmen heutzutage den Börsenhandel. Besonders computergesteuerte Handelsprogramme beeinflussen mittlerweile das Auf und Ab an den Finanzmärkten. Das sogenannte „Algo-Trading“ macht nach Schätzungen mittlerweile die Hälfte des Handelsvolumens an den Börsen in Europa und den USA aus. Computer handeln dabei stur nach festgelegten Programmierungen und Anlagestrategien. Das Algo-Trading an sich setzt zwar keine Trends, doch es verstärkt diese zweifelsohne. Auf der anderen Seite entsteht aber auch eine deutlich erhöhte Liquidität durch den Computerhandel, welche Preisschwankungen an den Börsen reduziert. Experten sehen daher eher eine ausgleichende Wirkung auf die Finanzmarktstabilität.

Es existieren bisher aber keine verlässlichen Studien über die konkreten Auswirkungen. Sicher ist aber, dass Börsen sich auch vor schädlichen Algo-Programmen schützen müssen. Denn am 6. Mai 2010 schlug der Blitz-Crash in der Wall Street ein. Innerhalb von Minuten verlor der Dow Jones aufgrund einer schädlichen Computerausführung 1.000 Punkte und 580 Milliarden Dollar. Dennoch ist der computergestützte Handel im letzten Jahrzehnt an den Börsen Normalität geworden.

Neu ist dagegen der sogenannte „Hochfrequenzhandel“. Dabei werden Aufträge von Hochleistungsrechnern in Picosekunden im Gegenwert von Milliarden von Euros ausgeführt. Solange die Logik der Programme stimmt, erwirtschaften große institutionelle Investoren Milliarden an den Börsen, indem sie den Zeitvorsprung, der durch den hohen technischen Aufwand gewährleistet wird, ausnutzen. Diese neue Form des Wertpapierhandels erfreut sich besonders bei Großbanken und Hedgefonds immer größerer Beliebtheit. Kein Wunder, denn die Anschaffungskosten für die Hochleistungsrechner sind zwar hoch, aber dennoch verdiente die Branche risikolos nach Schätzungen weltweit über 20 Milliarden Dollar.

Auch der Hochfrequenzhandel soll mit erhöhter Liquidität den Markt stabilisieren. Kritiker heben den warnenden Finger. Denn zum einen verdienen sich wenige Marktteilnehmer eine „Goldene Nase“ an dem meist risikolosen Geschäft auf Kosten der Allgemeinheit. Zum anderen werden durch den Wegfall von Tempolimits auf den Datenhighways der Börsen auch die Sicherheitsmechanismen ausgehöhlt. Der kleine Anleger bleibt dabei auf der Strecke. Der computergestützte Handel ist mittlerweile ein wesentlicher Teil des Börsenalltags. Dem Hochfrequenzhandel könnte man durch die Einführung einer Mindesthaltedauer für Positionen ein Tempolimit verpassen und damit die Börsen sicherer machen.

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